Ratsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Haushaltsrede im Gemeinderat am Donnerstag, 23.02.2023
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Dahlhoff, sehr geehrte Ratsmitglieder, sehr
geehrte Mitarbeiterinnen der Verwaltung, sehr geehrte Bürgerinnen,
endlich ist es soweit, wir dürfen persönlich unsere erste Haushaltsrede in dieser
Ratsperiode halten. Dieses macht uns noch einmal bewusst, wie sehr die
Coronapandemie politisches und gesellschaftliches Leben eingeschränkt hat. Die
Auswirkungen werden wir auf sozialer, schulischer und wirtschaftlicher Ebene noch
in Jahren spüren.
Zuerst möchte ich mich im Namen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Ihnen – Herrn
Bürgermeister Dahlhoff, Herrn Ricken und Herrn Becker – bedanken, dass Sie sich
die Zeit genommen haben, unsere Fragen in der Klausurtagung am 17.01.2023 zu
beantworten. Ein besonderer Dank gilt auch den Mitarbeiterinnen der Verwaltung, die uns bei unserer Gremienarbeit immer gut unterstützt haben.
Die Aufstellung des Haushalts ist durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Putins auf die Ukraine, der morgen seinen traurigen 1. Jahrestag hat, mit vielen Unsicherheiten behaftet. Die daraus resultierende Energiekrise, steigende Inflation und steigende Kreditzinsen machen es nicht nur der Gemeinde Bad Sassendorf schwer, einen seriösen Haushalt aufzustellen.
Auch die Unternehmen und Bürgerinnen, gerade bei den unteren Einkommensgruppen, leiden unter diesen Entwicklungen.
Zudem hat uns eine neue Flüchtlingswelle erreicht. Noch nie haben so viele
Menschen bei uns Zuflucht gesucht.
Unsere Fraktion sagt an dieser Stelle DANKE an alle Bürger*innen in Bad
Sassendorf, den Unternehmen und Vereinen, die sich für Geflüchtete auf den
verschiedensten Ebenen einsetzen – sei es durch Spenden, Wohnraum, Sprachoder
Freizeitangebote. Auch innerhalb der Verwaltung wurden viele Hebel in
Bewegung gesetzt und aus den Erfahrungen von 2015 gelernt.
Der Haushaltentwurf für das Jahr 2023 weist ein Defizit aus. Möglicherweise
kommen wir sogar mit unserem Haushaltsansatz nicht aus. Wir werden in den
nächsten Jahren einen großen Teil unserer Rücklagen aufbrauchen. Lediglich dem
Gesetz zur Isolierung der Belastungen aus der COVID 19-Pandemie und des
Ukrainekrieges verdanken wir es, dass sich dies heute noch nicht in unserem
Haushalt widerspiegelt.
Aber auch das Bewusstsein dieser (möglichen) „roten Zahlen“ darf nicht dazu führen,
die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Unser Augenmerk darf sich nicht nur
auf die oben aufgeführten Krisen richten. Es darf nicht mehr passieren, dass Klimaund
Umweltschutz an 2. oder 3. Stelle rutschen.
Daher sind wir froh, dass mit der Montage einiger PV-Anlagen endlich einige größere
Einzelprojekte zum Klimaschutz angegangen werden. Klima- und Umweltschutz darf
aber nicht bei diesen Leuchtturmprojekten aufhören. Klima- und Umweltschutz muss
ein fester Bestandteil jeglicher Verwaltungs- und Politikentscheidungen in unserer
schönen und „noch“ lebenswerten Gemeinde werden. Nur so leisten WIR UNSEREN
Beitrag, damit unsere Gemeinde auch für kommende Generationen schön und
lebenswert bleibt.
Über 420 Kommunen haben sich zu der Initiative „Lebenswerte Städte und
Gemeinden“ zusammengeschlossen, um innerorts Tempo 30 einführen zu können.
Dies zeigt, eine Entscheidung gegen ein generelles Tempo 30 in Bad Sassendorf ist
nicht mehr zeitgemäß.
Für die Neuplanung der Wasserstraße, der Bismarckstraße und dem Sälzerplatz
werden große Summen im Haushalt eingestellt. Die bestehenden großflächigen
Versiegelungen jedoch kaum bis gar nicht zu entsiegeln, ist nicht mehr zeitgemäß.
Die Neuplanung des Bahnhofvorplatzes, bei dem Autos erneut den Fußgängern
vorgezogen werden, ist nicht mehr zeitgemäß.
Bebauungspläne ohne umfassende verpflichtende Klimaschutz- und
Klimafolgenanpassungsvorgaben sind nicht mehr zeitgemäß.
Das Fällen von Bäumen nur für noch mehr Event-Platz und ein dagegen votieren der
Verwaltung und Teile der politischen Gremien für eine Baumsatzung ist nicht mehr
zeitgemäß.
Die Verwaltung beklagt mit recht die arbeits- und kostenintensive Anlage von neuen
Blühflächen. Da bietet sich der Verzicht auf Stein- und Schottergärten als
kostenneutrale Begleitmaßnahme an. Dieses entspricht auch der Mitgliedschaft im
Bündnis für biologische Vielfalt und den Einsichten in Düsseldorf und anderen
Bundesländern.
Ein dagegen votieren der Verwaltung und Teile der politischen Gremien ist nicht
mehr zeitgemäß.
Wir können das gemeinsam besser. Klima- und Umweltschutz muss IMMER an 1.
Stelle MITgedacht werden. Wir brauchen deutliche Zeichen, die dem Klima- und
Umweltschutz in Bad Sassendorf endlich die Wertigkeit, die öffentliche
Wahrnehmung geben, die er so bitter nötig hat. Solche Zeichen könnten die
Einführung eines eigenständigen Klimahaushaltes oder eine konkrete Festlegung auf
einen Termin für ein klimaneutrales Bad Sassendorf sein. Wenn wir alle gemeinsam
solch ein Zeichen senden, könnten wir ein Umdenken auf allen Ebenen erreichen.
Lassen Sie uns also zu Vorbildern werden, lassen Sie uns vorangehen, lassen Sie
uns ambitioniert sein, schaffen wir endlich Transparenz und lassen wir uns an dieser
Transparenz messen.
Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Deswegen werden wir, trotz der angeführten
Kritikpunkte, dem Haushalt 2023 zustimmen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Tanja Deichmann
Fraktionsvorsitzende
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
im Rat der Gemeinde Bad Sassendorf